Gottes (Wahl-)Programm – Wort der Zuversicht 28. August 2020

„Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ (Matthäus 28, 20) – so lese ich es im Losungsbuch für den heutigen Donnerstag.

Das tut mir einfach nur gut! Wenn das stimmt, dann bin ich ja nie allein. Dann ist immer jemand da, auch wenn ich mich noch so allein und einsam fühle. Sogar, wenn ich mich von Gott und der Welt verlassen fühle.

Ich bin bei euch – das ist das Versprechen des auferstandenen Jesus an seine Jünger. Das letzte Wort bevor Jesus seinen Platz zur Rechten Gottes einnimmt. Und letzte Worte sind immer wichtig und bedeutsam!

Ich bin bei euch – das gilt, auch wenn womöglich Kontaktbeschränkungen oder Verbote verschärft oder neu erlassen werden; wenn ich mir wichtige Menschen nicht mehr sehen oder treffen darf. Das gilt, wenn mein Akku leer ist, mein Handy kaputt ist, oder sogar, wenn das Internet zusammenbrechen sollte! O weh!

Aber Jesus Christus ist und bleibt da! Es gibt keinen Ort und keine Zeit, wo er nicht ist. So sagt es auch schon der Beter von Psalm 139: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch. Ich kann sie nicht begreifen.“ (Psalm 139, 5).

Ich bin bei euch – das ist letztlich der Name Gottes und sein Programm. Sein Name ist alles andere als Schall und Rauch. Apropos Rauch – so hat Gott sich Mose damals schon vorgestellt im brennenden Dornbusch. Wörtlich ist das schwer ins Deutsche zu übersetzten, es heißt etwas rätselhaft so viel wie „ich bin, der ich bin“ oder „ich werde sein, der ich sein werde“ – und meint damit: ich bin immer für dich da! Das ist mein Name und das ist zugleich mein ganzes Wesen!

Derzeit hängt an jedem Laternenmast ein Plakat mit einem freundlichen Politiker*innenGesicht oder einem Slogan zur Kommunalwahl. Viele Programme werden vorgestellt und Ansagen gemacht. Das finde ich alles wichtig und relevant, und ich gehe auf jeden Fall wählen, und Sie sollten das auch tun.

Aber Gottes Versprechen und sein Wahlprogramm – „Ich bin bei euch!“ – das toppt alles! So haben Mose und das Volk in der Wüste es erlebt, und unzählige Männer und Frauen, von denen die Bibel sonst erzählt. Jesus erneuert und lebt dieses Versprechen. Und er hält es!

In jedem Taufgottesdienst erinnern wir uns daran und sprechen es dem Täufling zu: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!

Danke, Jesus, für dieses Versprechen – das gibt mir Kraft und Mut für jeden neuen Tag! Und damit habe ich auf jeden Fall eine gute Wahl getroffen.

Bärbel Albers

Quelle: www. Gemeindebrief.de
Foto: Lotz

Wort der Zuversicht zu Psalm 127,2: Seinen Freunden gibt er es im Schlaf.

Seinen Freunden gibt er es im Schlaf. Psalm 127,2

„Ja, ja, der Herr gibt´s den Seinen im Schlaf!“ so spöttelt man über die Glückspilze, die ohne eigenes Zutun einen schönen Gewinn davontragen. Das beste Los bei einer Tombola, eine Ballonreise oder eine Konzertkarte für Helene Fischer. „Atemlos durch die Nacht!“

Ansonsten heißt: kein Preis ohne Fleiß. Du musst dich anstrengen, wenn aus dir etwas werden soll. Nicht ganz falsch. Doch viele glauben, dass alles Wertvolle im Leben von den eigenen Anstrengungen abhängig sei.

In der letzten Zeit wurde deutlich, dass viele aufgrund von Corona in ihren Anstrengungen total gebremst wurden. Sie hätten gerne eine Veranstaltung organisiert, eine Messe mit aufgebaut. Sie hätten gerne für andere ein Konzert gemacht. Doch sie durften nicht.

In den ärmsten Ländern der Erde leiden Menschen an Hunger, weil sie in ihren Anstrengungen, Dinge auf der Straße zu verkaufen, gebremst werden und keinen Verdienst haben, um Brot zu kaufen. Kurzarbeit gibt es da nicht, eine öffentliche Sozialstruktur fehlt.

Nun, ich bin Christ, d.h. ich glaube, das Wertvollste im Leben ist Geschenk. Für Glaube, Liebe und Hoffnung kann ich mich nicht anstrengen. Ich glaube, Gott liebt mich bedingungslos. In diesem Glauben habe ich zugleich Hoffnung. Im Leben und im Sterben wird er mich tragen. Mit dieser Gewissheit im Rücken, darf ich gelassen in den Tag gehen, darf ich mich auch anstrengen – aber ohne Krampf. Ich muss nicht denken, dass davon das Glück auf Erden abhängt. Ich darf mich fallen lassen – auch ins Bett – und schlafe dabei sorgenlos durch die Nacht.

Aber diese Sorglosigkeit hilft mir auch großzügig zu sein. Sie öffnet meinen Geldbeutel für Leute, die sich um den Morgen sorgen, gerade weil sie in ihren Anstrengungen ausgebremst werden. Wer großzügig auf die Not anderer reagiert, gibt auch etwas weiter von der Liebe, dem Glauben und die Hoffnung, die Gott mir kostenlos schenkt.

Bärbel Albers

Save the date – Sonntag 01.11.2020

Sie wollen das neue Presbyterium einmal kennenlernen und sich über die Ereignisse in unserer Gemeinde in diesem Jahr informieren?

Dann merken Sie sich bitte den 01.11. ab 10.30 Uhr vor. Im Gottesdienst wird das neue Presbyterium eingeführt und in der anschliessenden Gemeindeversammlung informieren wir Sie. Näheres, wie die Tagesordnung der Gemeindeversammlung, veröffentlichen wir hier später.

 

Zeittafel der Gemeinde

Zeittafel-Chronik Ketzberg

Eine „Zeittafel“ ist eine bestimmte Form der Darstellung einer Chronik. Chroniken können in unterschiedlicher Weise dokumentiert werden.

Eine „Zeittafel“ ist inhaltlich eine „chronologisch geordnete Übersicht wichtiger Ereignisse“ für eine bestimmte Person oder bestimmte Einrichtung in einen bestimmten Zeitraum.

Für die Evangelische Kirchengemeinde Ketzberg wurden wichtige Ereignisse der Kirchengeschichte in einer solchen Übersicht für den Zeitraum 1860 bis 1994 sowie für 1995 bis 2020 erfasst und zu einer Zeittafel zusammengeführt. Diese Zeittafel ist unten als Download angehängt und steht im Internet unter www.kircheketzberg.de (Über uns, Zeittafel) zur Verfügung.

Anhand der in der Zeittafel erfassten „wichtigen Ereignisse“ kann die Entwicklung der Kirchengemeinde Ketzberg zeitlich zutreffend und faktenbezogen besser nachvollzogen werden. Viele Einzelfragen zur Geschichte der Kirchengemeinde Ketzberg können unmittelbar beantwortet werden, wie zum Beispiel:

  • Was war Anlass für die Gründung der Kirchengemeinde Ketzberg?
  • Wer war wann Pfarrer in Ketzberg?
  • Was geschah mit den Glocken im ersten und zweiten Weltkrieg?
  • Was war die Ursache für den Brand in der Kirche 1979?
  • Was umfasste die Grundsanierung der Kirche 2000-2001 und was kostete sie?
  • Was geschah mit den Kindergärten Lützowstraße und Theresienstraße?
  • Welche Maßnahmen zur Haushaltssanierung wurden 2004 ergriffen?
  • Ab wann ist die Gemeinde schuldenfrei / hat einen ausgeglichenen Haushalt?
  • Welche Einschränkungen des Kirchenlebens sind Folge der Virus-Pandemie?

Dies sind nur Beispiele aus dem Spektrum möglicher Einzelfragen. Die Zeittafel ist als Informationsgrundlage hilfreich und von Bedeutung, nicht zuletzt auch mit Blick auf nachfolgende Generationen.

Ich wünsche bei der Lektüre der Zeittafel, bei einer Zeitreise über 160 Jahre Geschichte Evangelische Kirchengemeinde Ketzberg viel Erfolg, insbesondere auch den möglichen Gewinn neuer Erkenntnisse.

Rolf Henkel / Nicola Henkel

Hier die Zeittafel als Download: Zeittafel Ketzberg Endfassug

 

Action-Bibel-Samstag: Abenteuer am Nil – unterwegs mit Josef

Es gibt wieder einen Action-Bibel-Samstag in Gräfrath!

Achtung!!! Für den 12. September sind keine Anmeldungen mehr möglich, da die Teilnehmerzahl von 15 bereits erreicht ist!!!

Am 5. September für Kids ab 8 Jahre  Scan_20200218und

am 12. September für 5 – 7jährige

von 10 bis 12:30 Uhr

Action-Samstag unter Corona-Bedingungen – das wird anders, aber wir sind sicher, dass wir einen aufregenden Vormittag mit euch Kids verbringen! Die wichtigsten Änderungen hier im Flyer:

Flyer Action-Samstag September 2020

Teilnehmen können an einem Samstag maximal 15 Kinder, es zählt der Eingang der Anmeldung, die unbedingt erforderlich ist!

Abenteuer am Nil – unterwegs mit Josef – ist diesmal unsere berühmte Detektivin Hildegard Himmelreich. Das ist eine lange, aber richtig spannende Geschichte von Josef, seinen elf Brüdern und ihren Streitereien, seinen Träumen und (Miss-)Erfolgen. Dazu werden wir basteln, spielen, singen (nur draußen!) und rundherum viel Spaß haben!

Ein Backofen voller Liebe – Wort der Zuversicht 14. August 2020

Quelle: www.gemeindebrief.de

Was ist das für eine Hitze!
Da gerät sogar manchmal das allgegenwärtige Corona-Thema in den Hintergrund. Wir schwitzen, trinken, schwitzen noch mehr, können nicht schlafen, weil´s so warm ist… Witze über die Hitze machen die Runde und lösen vorübergehend Witze über Viren und Masken ab.

Da ist z.B. die Frage, ob man 30 Grad-Wäsche bei 40 Grad aufhängen darf. Nun, meine Erfahrung zeigt, es schadet ihr nicht! Wenn ich auf meinen Balkon gehe, auf den ab dem frühen Nachmittag die Sonne knallt, denke ich manchmal, ich betrete einen Backofen – und gehe schnell wieder rein.

Moment – Backofen? Da war doch was… Genau!

„Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, der da reichet von der Erde bis an den Himmel.“ – so formulierte es Martin Luther mal in einer Predigt.

Die Liebe ist nicht nur eine Eigenschaft Gottes unter vielen. Sie ist sein Wesen. Gott ist in sich leuchtende, wärmende Liebe, die Leben schenkt und erhält. Und sie gilt mir und dir. Das dürfen wir momentan in geradezu verschwenderischer Art und Weise spüren – sehen wir´s doch mal so!

Du bist geliebt! Ob du es weißt oder nicht. Ob du es fühlst oder nicht. Ob du meinst, du hast sie verdient oder nicht. Ob du gerade gut drauf bist oder völlig neben der Spur.

Du bist von Gott geliebt. Du bist in seinem Herzen und in seinen Händen. Du bist von Gott getragen und umgeben, beschenkt und gesendet aus dem einzigen Grund – Liebe!

Unsere menschliche Liebe ist immer auf etwas gerichtet – etwas ist attraktiv und liebenswert und zieht uns darum an, und dann lieben wir es.
Bei Gottes Liebe ist es anders. Gott findet nicht das Liebenswürdige, sondern er schafft es.

Gott liebt uns nicht, weil wir so liebenswert und schön sind. Sondern wir sind kostbar und wertvoll, weil Gott uns liebt.

Martin Luther hat das für sich ganz neu erkannt, hat aber auch immer wieder darum gerungen. Aber nicht nur er, manchmal geht mir das auch so. Dann vergesse ich das – in meinem alltäglichen Trott, in den Sorgen, die mich umtreiben, den Fragen, die mich beschäftigen und nicht schlafen lassen. Anscheinend haben wir ein Leben lang damit zu tun, das nach zu
buchstabieren: Du bist geliebt. Punkt!

Das ist geradezu überwältigend, so viel, dass ich es kaum begreifen kann. Gottes Liebe reicht vom Himmel auf die Erde und wieder zurück. In Jesus Christus, Gottes Sohn, ist diese Liebe sichtbar und greifbar geworden.

„Denn so sehr hat Gott diese Welt geliebt: Er hat seinen einzigen Sohn hergegeben, damit keiner verloren geht, der an ihn glaubt. Sondern damit er das ewige Leben erhält.“ (Joh. 3,16)

Gerne möchte ich mich heute von dieser Liebe Gottes bescheinen und wärmen lassen!

Bärbel Albers

Predigttext zu Abrahams Auszug (1. Mose 12, 1-4) vom 02.08.2020

Gnade sei mit uns und Friede, von dem, der da ist, und der da war, und der da kommt, von unserem Herrn und Heiland Jesus Christus. Amen

Liebe Gemeinde! In unserer diesjährigen gemeinsamen Sommerpredigtreihe in Gräfrath und Ketzberg beschäftigen wir uns im Sinne unserer Jahreslosung „ich glaube, hilf meinem Unglauben“ mit Texten, in denen es um Glauben und Vertrauen geht. Und dafür ist diese uralte Abrahamsgeschichte ein schönes

Beispiel. Ich lese 1. Mose 12, zunächst nur die Verse 1+2: „Und der Herr sprach zu Abraham: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zu einem großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.“

Wir merken sofort, liebe Gemeinde, unser Gott ist kein toter Gott, wie dies gerne die Atheisten behaupten, sondern unser biblischer Gott ist ein Gott, der plötzlich und unvermittelt eingreift in das Leben von Menschen, sie zu seinen Werkzeugen auserwählt und mit ihnen seine Heilsgeschichte beginnt. Dieser Gott erscheint uns hier sehr direkt und vielleicht auch aufdringlich. Er fragte ja nicht den Abraham, ob er überhaupt damit einverstanden sei, seinen ihm vertrauten Lebenskreis zu verlassen, sondern er forderte eigentlich recht streng und zielstrebig: „Geh aus deiner Heimat in ein unbekanntes Land, das ich dir zeigen will.“

Wir können, so glaube ich, sehr gut nachempfinden, welche Ungeheuerlichkeit Gott von Abraham verlangt hat, denn sein Imperativ bedeutete damals einen Abschied für immer und ein unkalkulierbares Risiko. Abraham und seine wenigen Getreuen mussten sich ohne Aussicht auf ein Wiedersehen von ihrer gewohnten häuslichen Geborgenheit trennen, und es gab nach ihrem Aufbruch unwiderruflich keinen Kontakt mehr mit der alten Heimat. In der Einsamkeit der Wüste klingelte damals kein Handy, auch keine SMS oder eine WhatsApp-Gruppe versüßte die beschwerliche Wanderung. Wer damals aufbrechen musste, der ging zunächst einmal in eine ungewisse Zukunft voller Gefahren. Er musste täglich um sein Überleben kämpfen mit Wegelagerern und wilden Tieren, mit Wasserknappheit und Heimweh nach der vertrauten Umgebung.

Liebe Gemeinde, am Beispiel des Abraham können wir auch heute lernen, dass jeder Mensch irgendwann einmal bereit sein muss, sein alltägliches geschütztes Umfeld in Elternhaus und Schule zu verlassen. Gerade nach dem Schulabschluss verlassen junge Menschen voller Tatendrang und Aufbruchsfreude ihre gewohnten, vielleicht auch ihre etwas monotonen und eingefahrenen Wege, um dann an anderer Stelle in Ausbildung und Studium ihren Erfahrungshorizont zu erweitern, neue Anforderungen zu bewältigen und andere Menschen kennen zu lernen. Solche Aufbrüche markieren einen entscheidenden Einschnitt im Leben der Jugendlichen, um endgültig erwachsen und selbstbestimmt zu werden. Wie wichtig auch Elternhaus und Schule sind, die uns früher gerade in unserer Kindheit und Jugend Liebe, Geborgenheit und sozialen Halt gaben und eine gewisse, auch eine geistige oder geistliche Lebenssicherheit vermittelten, so ist es jedoch für jeden Menschen unerlässlich, einmal aus diesen gewohnten Ursprungsbindungen aufzubrechen und selber volle Verantwortung für sich und auch für andere zu übernehmen.

Das Umherziehen des Abraham symbolisiert und exemplifiziert meines Erachtens in deutlicher Weise diese Grundbestimmung unseres Menschseins. Wir dürfen nicht statisch im Gestern verharren und uns ängstlich an liebgewordenen Konventionen festklammern, sondern wir müssen uns vertrauensvoll den neuen Fragen der Zukunft dynamisch öffnen. So können wir nicht nur auf alte Sicherheiten pochen, sondern müssen genau so wie Abraham bereit sein, aus den vertrauten und alt bekannten Wegen aufzubrechen und neue Kontakte zu suchen und zu knüpfen.

Die Tiefenpsychologin Maria Kassel sieht gerade in der Berufungsgeschichte des Abrahams ein spezifisches Zeichen dafür, wie generell ein Jugendlicher zu einem Erwachsenen wird. Sie meint, dass jeder erwachsen werdende Mensch den Aufbruch antreten muss aus seinen biologischen und naturhaften Bedingungen, die ihm zwar einen gewissen sicheren Platz im sozialen Gefüge gewähren, die aber auch die Entfaltung eigener schöpferischer Energien hemmen, die zwar festigen, aber auch festhalten, die Wärme spenden, aber auch einlullen und die individuelle Initiative zur Weiterentwicklung bremsen.

Ich finde, Frau Kassel hat sehr eindrucksvoll die Gegensätze zwischen den alten und den neuen Wegen herausgearbeitet. So ist zwar eine Festigung an sich schön und wichtig, aber die Gefahr besteht darin, dass diese Festigung mit einem Festhalten verbunden ist, das einzwängt und abschnürt und damit neue Aufbrüche und Erfahrungen behindert. Auch ist es gewiss wunderbar, wenn man die Geborgenheit und Wärme einer vertrauten Umgebung spürt, aber sie darf nicht dazu führen, dass man eingelullt wird und somit unfähig ist, sich frischen Wind um die Nase wehen zu lassen und aufzubrechen zu neuen Zielen und Herausforderungen. So müssen wir ja auch als Eltern lernen, ab einem gewissen Zeitpunkt unsere Kinder loszulassen und ihnen ermöglichen, ihre individuellen Erfahrungen zu sammeln und ein eigenes und ein selbstständiges Leben zu führen.

Ich hatte mal vor Jahren in einem Abiturgottesdienst über diese Verse zu predigen und sprach mit den jungen Menschen zuvor über ihre Zukunftspläne.

Ein Schüler antwortete mir: „Natürlich freue ich mich auf die Zeit nach dem Abi, aber es werden unvermeidbar auch alte Kontakte verloren gehen.“ So ist es also im Leben, liebe Gemeinde, Es gibt keinen wirklichen Aufbruch ohne den gleichzeitigen Abbruch von zwischenmenschlichen Beziehungen und persönlichen Bindungen, auch wenn dies oft schmerzlich ist.

Vers 2 macht aber deutlich, dass Gott nicht nur einen strengen Anspruch postuliert, in Unbekanntes aufzubrechen und Liebgewordenes abzubrechen, sondern auch einen enormen Zuspruch bereit hält. Gott verheißt nämlich dem Abraham, dass er zum Ahnherrn eines großen Volkes werden wird und von ihm den Segen empfangen wird.

Segen zeigte sich im Alten Testament zunächst im Sinne von physischer Fruchtbarkeit, also im Kinderreichtum. Denn Abraham, der ja zunächst nur Abram hieß, wurde, wie wir alle wissen, Vater eines großen Volkes und das bedeutete dann sein neuer Name Abraham. Für ihn haben sich alle Verheißungen Gottes erfüllt. Selbst heute nach über 3500 Jahren sprechen wir noch über ihn. Abraham als Gesegneter wurde sogar zum Stammvater aller drei großen monotheistischen Weltreligionen, des Judentums, Christentums und Islams.

Segen bedeutet jedoch noch viel mehr, liebe Gemeinde, nämlich individuelles Glück, gerade auch in harmonischen Lebensbeziehungen, Spaß und Freude an einer interessanten beruflichen Tätigkeit, die unseren vollen Einsatz fordert und uns Befriedigung schenkt. Vielleicht mag ich ja altmodisch sein: Beruf bedeutet für mich immer noch Berufung und damit Freude und Hingabe an meine Tätigkeit, und nicht nur Job, also etwas, was ich – vielleicht sogar ungern – tue, nur um dadurch meinen Lebensunterhalt zu verdienen. So bin ich Gott auch heute noch von Herzen dankbar, dass für mich meine Tätigkeit als Latein- bzw. Religionslehrer wirklich ein Beruf war, den ich gerne ausübte und der mich voll befriedigt und erfüllt hat. Der Segen ist natürlich auch mit Gesundheit und vor allem auch mit innerer Zufriedenheit und seelischer Ausgeglichenheit verbunden.

Vers 2 schließt aber nicht nur mit dieser Zusage eines gesegneten Lebens, sondern er enthält auch noch einen kräftigen Imperativ, einen wirklich ernst zu nehmenden Anspruch, der meines Erachtens für unser aller Leben gelten sollte. Gott ermahnte den Abraham: Du sollst ein Segen sein!

Wer von Gott gesegnet ist, der behält diesen Segen nicht nur egoistisch für sich. sondern der versucht in altruistischer Weise, anderen zum Segen zu werden, indem er sich tatkräftig für sie einsetzt und immer ein offenes Ohr für den Nächsten hat. Der biblische Segen hat also auch und gerade eine soziale und politische Dimension.

Wir können aber, wie einst Abraham, sicher sein, dass Gott uns begleiten will, wenn wir bereit sind, uns auf seine Führung einzulassen. Das bedeutet ja im biblischen Sinne zu glauben, nämlich Gott eine Chance zu geben und ihm die Möglichkeit zu eröffnen, eine entscheidende Rolle in unserem Leben zu spielen.

Im Religionsunterricht besprach ich gerne Texte von Heinz Zahrnt. Dieser 2003 verstorbene evangelische Theologe und bekannte Publizist bemühte sich in besonderer Weise, gerade kirchlich distanzierten Zeitgenossen auf intellektuelle Weise die biblische Botschaft etwas näher zu bringen. Zahrnt meinte in Bezug auf die Gottesfrage: „Welche Wahrheit ein Mensch auch wählt, er kommt nicht um die Zumutung herum, dass er sich auf etwas einlassen muss. Bei der Begegnung mit dem christlichen Glauben geht es nicht anders zu. Auch er bietet eine Lebensmöglichkeit an, die man nur erproben kann. Wer Gott erfahren will, muss – wie auch sonst im Leben- auf etwas setzen, was er vorher nicht weiß. Er muss glauben, denken und handeln, als ob es Gott gibt. Allein so wird er erfahren, ob es ihn gibt. Gott wohnt nur dort, wo man ihn einlässt.“

Liebe Gemeinde, Abraham hatte Gott vertraut, er hatte sich auf diesen unsichtbaren Gott eingelassen und diesen ungewöhnlichen und für die damalige Zeit sehr gefährlichen Exodus gewagt. Und auf seiner langen, beschwerlichen Lebenswanderschaft hatte er dann vielfältig erfahren, dass es Gott gibt.

Wie steht es mit uns, liebe Gemeinde? Warum lassen wir uns heutzutage so wenig auf diese Zumutung ein? Warum erproben wir nicht mal diese Möglichkeit, mit Gott zu leben? Warum rechnen wir kaum noch mit dem Eingreifen Gottes in unsere Zeit? Warum reden wir mit ihm viel zu wenig im Gebet?

Ich halte Zahrnts Ratschläge für sehr wichtig. Wir sollten auch im 21. Jahrhundert von der Realität Gottes ausgehen und ihn hineinlassen in unser Herz, hineinlassen in unser Denken, hineinlassen in unser Leben. Denn Gott will nur da wohnen, wo man ihn einlässt. Amen

Dr. Holger Ueberholz