Herzschlag unter dem Talar

Eine Prädikantin und drei Pfarrer feierten ihr Ordinationsjubiläum

Traditionell am Reformationstag feiert die Evangelische Kirche in Solingen Silberne oder Goldene Ordinationsjubiläen für Pfarrerinnen und Pfarrer. In diesem Jahr erinnerte Superintendentin Dr. Ilka Werner im Reformationsgottesdienst in der Stadtkirche am Fronhof an das Jubiläum für die Pfarrer Christof Bleckmann und Thomas Förster sowie in Abwesenheit Bernd Reinzhagen, die vor 25 Jahren ordiniert und damit in ihr Predigtamt berufen wurden. In diesem Jahr wurde zum ersten Mal auch an ein rundes Ordinationsjubiläum einer ehrenamtlichen Prädikantin erinnert: Petra Heidelberg wurde vor zehn Jahren feierlich zum „Dienst an Wort und Sakrament“ beauftragt.

Petra Heidelberg ist eigentlich Apothekerin. Doch mehrmals im Jahr tauscht sie ihren weißen Kittel mit dem schwarzen Talar. In der Evangelischen Kirche werden nicht nur studierte Theologinnen und Theologen und hauptamtliche Pfarrpersonen damit beauftragt, Gottesdienste zu gestalten, Texte der Bibel auszulegen und Menschen zu taufen, zu trauen oder evangelisch zu beerdigen. Petra Heidelberg ist ehrenamtliche Prädikantin, Predigerin der Evangelischen Kirche. In der Evangelischen Kirchengemeinde Ohligs und manchmal auch in Merscheid feiert sie regelmäßig Gottesdienste. Wenn sie dann am Ende der Predigt ihre Textmappe zuschlägt, die letzten Worte verklingen lässt und in die Gemeinde blickt, gehe ihr zuweilen ein Gedanke durch den Kopf: „Ich wünsche mir, dass die Menschen Fragen mitnehmen.“ Ihre Predigt wolle ein Anstoß sein weiterzudenken: „Wir sind ja nicht fertig mit dem Gottesdienst, wenn wir die Kirche verlassen.“

Ursprünglich hatte Petra Heidelberg das Predigen eigentlich gar nicht übernehmen wollen: „Ich dachte, das sei Sache der Hauptamtlichen. Und ich wollte da auch niemandem in die Quere kommen.“ Aber sowohl Pfarrer als auch Gemeinde machten der damals 40-Jährigen Mut und so trat sie die umfangreiche Ausbildung zur Prädikantin an. Sie freute sich, etwas ganz Neues zu lernen, und nahm Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Gottesdienst, Predigt und Abendmahl aus einer ganz anderen Perspektive in den Blick. „Bei den ersten Gottesdiensten war ich sehr aufgeregt“, erinnert sie sich, „gut, dass man unter dem Talar mein Herz nicht schlagen sehen konnte.“ Inzwischen tritt sie deutlich weniger aufgeregt den Weg zur Kanzel an: „Für mich sind aber immer noch die entscheidenden Fragen: Wo komme ich selber in einem Bibeltext vor? Und: Wo kommt die Gemeinde vor?“ So habe die Arbeit als Prädikantin auch ihrem eigenen Glauben gutgetan. Und inzwischen habe sie auch keine Zweifel mehr, dass auch Prädikantinnen und Prädikanten auf die Kanzel gehören.

Diese Zweifel seien in der Evangelischen Kirche insgesamt geschwunden, sagt auch Thomas Förster, der am Sonntag sein Silbernes Ordinationsjubiläum feierte. Es treffe sich für ihn gut, meint der heutige Pressepfarrer, dass er vor 25 Jahren in Duisburg ebenfalls mit einer ehrenamtlichen Predigerin zusammen ordiniert wurde. Prädikantinnen seien damals noch „Predigthelferinnen“ genannt worden. Und er selbst arbeitete seinerzeit in der Vorbereitung auf das Pfarramt als „Hilfsprediger“ oder „Pastor im Hilfsdienst“. Für die Gemeinde nur schwer zu unterscheidende Ämter. „Wie gut, dass unsere Kirche in der Zwischenzeit bessere Bezeichnungen gefunden hat“, sagt Förster.

Auch Christof Bleckmann aus Ketzberg blickt zum Reformationstag auf ein Vierteljahrhundert im Pfarramt zurück. „Ich bin sehr dankbar für die Jahre und den menschlichen und geistlichen Gewinn, den ich in der Zeit empfangen konnte“, sagt er. Auch er sehe, dass sich die Kirche, die ihn 1996 in Langenfeld ordiniert habe, sehr verändert habe. „Die Gesellschaft ist bunter geworden“, sagt er, „und ich bin darüber eigentlich ganz froh, denn eng und eintönig: Nein danke.“

Dass in der Veränderung für die Kirche eine große Herausforderung liegt, weiß auch der Walder Pfarrer Bernd Reinzhagen, der vor 25 Jahren in Bornheim ordiniert wurde. „Heute muss der Berg zum Propheten kommen“, sagt er, „wir sind keine Volkskirche mehr und wir müssen uns die Frage stellen: Wie erreicht die alte Botschaft heute die Menschen?“

Im Reformationsgottesdienst machte unterdessen Superintendentin Dr. Ilka Werner den Jubilaren Mut für die nächsten Kapitel der Geschichte: „Es ist nicht einfach, in einer Zeit bei der Kirche zu arbeiten, in der die Bedeutung des Glaubens schwindet und viele Menschen der Kirche den Rücken kehren“, sagte sie: „Aber wir werden beschenkt mit Gottes Gaben. Und diese Zuwendung gibt uns immer wieder die Kraft weiterzumachen.“ Passend zum Reformationstag stellte die Superintendentin die Ordination in den Zusammenhang evangelischer Tradition: „Ordinierte sind aber nicht besonderer als alle anderen. Es sind schließlich alle beschenkt mit Gottes Gnade und Barmherzigkeit.“

Text: Theresa Demski/Thomas Förster/Kirchenkreis Solingen, Foto: vlnr: Superintendentin Dr.Ilka Werner, Prädikantin Petra Heidelberg, Pfarrer Christof Bleckmann, Pfarrer Thomas Förster. Foto: Jörg Schmidt

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